Mittwoch, 21. August 2013

Gefangen in Zahlen


Hab' ich das Bügeleisen ausgeschaltet? Und den Herd? Habe ich eigentlich die Wohnungstür abgeschlossen? Und die Balkontür zugemacht? Unzählige Male stand ich schon am Fuß der Treppe und war kurz davor, die 92 Stufen wieder hochzulaufen. Aber ich zwinge mich immer ganz brav weiterzugehen, schließlich wird aus dem wiederholten Überprüfen der Tür oder des Bügeleisens schnell eine kleine Zwangsneurose. Und das muss ja nicht sein. Obwohl Zwänge, wenn man dem wunderbaren Buch Tausend kleine Schritte von Toni Jordan glauben will, auch ihre komischen Seiten haben.

Handlung
Grace Lisa Vandenburg kann nicht einfach in ein Restaurant gehen und irgendetwas bestellen. Sie braucht ein System und so ordert sie zum Beispiel das erste Gericht in der Karte oder geht alphabetisch vor. Auch die Bisse, mit denen sie isst, sind nicht wahllos, sondern richten sich nach der Anzahl der Buchstaben, die der Kellner zur Begrüßung gesagt hat.
Grace zählt. Und zwar alles in ihrem Leben, egal ob Erbsen auf ihrem Teller oder Zahnbürsten in ihrem Schrank. Sie braucht ein perfekt einstudiertes System, um ihr Leben im Gleichgewicht zu halten. Bis sie sich verliebt.

Meine Sicht
In dem Debütroman von Toni Jordan kann man einiges lernen. Über Zahlen, den Erfinder Nikola Tesla (Grace großen Schwarm) und über die Länge von Zeige- und Mittelfinger. Auch habe ich viel gelacht, denn Grace ist sehr witzig, sehr sarkastisch, auch oder gerade gegen sich selbst und ihre Zählerei. Trotz der Tatsache, dass sie ein komplett "unnormales" Leben führt, sind ihre Entscheidungen meist gut nachzuvollziehen. Schließlich folgen sie immer einem rein logischen Muster.
Seamus lernt Grace kennen, weil sie ihm im Supermarkt eine Banane klaut um die Ordnung in ihrem Einkaufskorb aufrechtzuerhalten. Die beiden verlieben sich. Doch wie passt der witzige, liebenswürdige Ire in das komplizierte System?

 "Ohne Zahlen wäre die Welt zu groß und zu austauschbar. Eine endlose Leere. Ich wäre immerzu orientierungslos. Ich wäre überwältigt." Aber Grace, so ist nunmal das Leben, habe ich an dieser Stelle gedacht. Für uns alle fühlt es sich manchmal so an, orientierungslos und überwältigend. Aber gleichzeitig auch voller Freude und überraschendem Glück. Um sich genau das mal wieder bewusst zu machen, ist dieses Buch perfekt. Aber auch um mal wieder richtig laut zu lachen. Oder ein bisschen vor Rührung zu weinen. 

Als Geschenk für: Mathematiker, gute Freunde und humorvolle Romantiker. Und natürlich als versteckte Warnung für alle Zwangsneurotiker
Unterhaltungsfaktor: 8 von 10
Einblick in die Grace-Welt: "Die Bedienung schenkt den Tee ein. Und wann soll ich trinken? Jetzt? Oder nach jedem zweiten Bissen? Und wie viele Bissen brauche ich für eine Teigtasche? 10 wären lächerlich kleine Stücke. Selbst 5 wären unangemessen…"
Was lernen wir dadurch: Was immer hilft, ist die Liebe. Gott, wie klischeehaft. Und wie abgedroschen. Aber auch wahr.

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