Mittwoch, 2. Oktober 2013

Durch die Nacht mit Gruber


Ich bin mir nicht sicher, ob es eine neue Erscheinung ist, aber ich muss immer öfter ein paar Hindernisse überwinden bevor ich wirklich mit einem Roman beginnen kann. Hindernisse in Form von vorangestellten Zitaten. Eigentlich eine nette Sache. Manchmal haben diese Zitate sogar etwas mit dem Buch zu tun. Oft zeigen sie nur wie unglaublich gebildet der Autor doch ist. Ich finde das ok. Schließlich sind viele Schriftsteller sehr belesen und wann hat man im normalen Leben schon mal die Chance eine Stelle aus Proust zu zitieren.
Nervig wird es nur, wenn der Autor sich nicht entscheiden konnte (oder aber ganz furchtbar schlau ist) und gleich zwei oder drei Zitate vor die erste richtige Seite klatscht. Tut mir leid, aber das ist einfach zu viel des Guten.

Doris Knecht kommt in Gruber geht ganz ohne einleitendes Zitat aus. Dafür liefert sie am Ende des Buches eine sehr tolle Danksagung: „Großer Dank an all meine Freundinnen und Freunde, die mich großzügig mit Informationen versorgten und mich in ihre Leben schauen ließen: auch dahin, wo es weh tat.“ Falls ich mal einen Roman schreiben sollte, würde ich mir die gerne von ihr borgen.

Handlung
Gruber hat Geld wie Heu, immer wieder Frauen für eine Nacht in seinem stylischen Loft und einen Porsche. Sein Leben ist oberflächlich und er genießt es in vollen Zügen. Erst ein Hirntumor bringt ihn zum Umdenken. Aber nicht so eat-pray-love-mäßig, sondern auf Gruber-Art. Mit Wodka-Tonic statt Yoga und Sex statt Meditation.
    
Meine Sicht
Doris Knecht hat einen Schreibstil, der mir unglaublich gut gefällt. Das Buch verliert seine Leichtigkeit nie und das, wo die Geschichte immer wieder die ganz großen Themen streift. Obwohl Gruber gerade zu Beginn des Buches alles andere als ein Sympathieträger ist, hatte ich keinerlei Schwierigkeiten mich in den Roman reinzufinden. Die Geschichte ist witzig und schafft es scheinbar ganz nebenbei ein paar Dinge wieder in Relation zu rücken. Und Frau Knecht hat eine sehr präzise Art, Charaktere zu schildern ohne dabei in die Klischeeschublade zu greifen.

Als Geschenk für: alle, die zu viel arbeiten
Unterhaltungsfaktor: 8 von 10
Knecht-Sprache: „Wenn Gruber denn etwas Derartiges wie kurze Ärmel überhaupt je tragen würde, was, außer auf dem Land oder am Strand, sowieso nicht in Frage kommt. Na gut, abgesehen von Polos. Aber nie T-Shirts. Und niemals ein Kurzarm-Hemd, Gruber stellt es jedes Mal die Haare auf, wenn er so einen Bürospießer im Kurzärmligen sieht, im schlimmsten Fall auch noch mit Krawatte. Unterirdisch. Stil ist, so Gruber zu jedem, den es interessiert, keine Frage der Außentemperatur.“  
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